Geschichte der TSV Burgdorf

In 150 Jahren war die TSV zu keiner Zeit so erfolgreich wie heute

Es war wohl nicht die Ertüchtigung des Leibes allein, die am 4. März 1849 Burschenschaftler veranlasste, unter den Farben Schwarz, Rot und Gold einen Männerturnverein in Burgdorf zu gründen. Es waren die aufregenden und schicksalhaften Wochen, in der die Frankfurter Nationalversammlung ihr Verfassungswerk fertig stellte und die reaktionären Kräfte in den deutschen Staaten langsam wieder die Oberhand gewannen.

Die Wahl König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen zum Deutschen Kaiser stand unmittelbar bevor. Er lehnte die Krone am 28. März dann allerdings ab und gab damit den aufkeimenden Hoffnungen der Demokraten den Gnadenstoß. Ob der Turnerclub nur die Tarnung für einen politischen Stammtisch abgab oder tatsächlich tapfer im Glauben an den Liberalismus geschwitzt wurde, muss Spekulation bleiben. Schriftliches aus der Stunde der Grundsteinlegung des Burgdorfer Vereinssports ist nicht überliefert. Erst das Protokoll- buch des MTV von 1882 erinnert an das Ereignis. Es gibt der 1946 aus mehreren Vereinen hervorgegangenen Turn- und Sportvereinigung (TSV) den Anlass, 150 Jahre organisierten Sport in Burgdorf zu feiern. Im Stadtmuseum zeigt die Ausstellung von Erich Rode die Entwicklung der Freizeitkultur auf.

Geturnt wurde später wirklich, so 1863 auf dem Sportfest in Leipzig. Zwei Jahre später gestattete der Magistrat Querbaum, Reck und Kletterstange auf dem Schützenplatz, Vor dem Hannoverschen Tor aufzustellen. Ganz in der Nähe stand die Scheune des Gastwirts Brill. In ihr wurden während des Winters Purzelbäume geschlagen.

1877 trafen sich in Burgdorf 400 Athleten zum Gauturnfest Leine-Aller. Vier Jahre später weihte der MTV in der Scheune des Gastwirts Tappe in der Marktstraße (heute Sparkasse Hannover) seine erste eigene Turnhalle ein. 1901 griff erstmals die Stadt Burgdorf für Leibes&uunl;bungen in die Schatulle und baute auf dem Schulhof der Hannoverschen Neustadt einen Gymnastiksaal. Für 100 Reichsmark darf der MTV diese Halle mitbenutzen. Ab 1909 verzichtete der Magistrat auf die Miete. Konkurrenz erhielten die Turner erst 1907 durch den Verein Viktoria. Dieser Klub war von Anfang an darauf bedacht, neben Fußball alle Rasenspiele, auch Faust-, Hand- und Schlagball aufzunehmen.
Leichtathletik, Turnen, Schwimmen (in der Aue) und Tennis begeisterten die Mitglieder ebenso. Etwas raubeiniger soll das im selben Jahr gegründete Team Normania vorgegangen sein.
Um das beste Spielfeld, eine brachliegende Wiese hinter dem heutigen Schwimmbad, gab es zwischen den verfeindeten Mannschaften stets handfeste Keilereien. 1908 baute sich Viktoria an den “Heeßeler Tannen” einen neuen Sportplatz und stieg noch im selben Jahr in die dritte Bezirksklasse auf. Obwohl 33 Fußballer im Ersten Weltkrieg fielen, trat Viktoria schon 1919 mit sieben Herrenmannschaften an. In Sorgensen entstand der zweite Fußballplatz, und 1921 spielte Viktoria in der höchsten Spielklasse. Nach dem Zerfall des sittenstrengen Kaiserreiches galt Sport für Frauen plötzlich auch in der Provinz nicht mehr als unschicklich. Die nach “immer neuen Sinnesreizen Ausschauhaltende Freizeitkultur der zwanziger Jahre” verhalf rasch neuen Sportarten zum Durchbruch. 1922 gründete sich bei Viktoria eine Damen- Hockeymannschaft sowie eine Tennissparte. 

Im selben Jahr entstand der Schwimmverein. Im MTV sammelten sich 17 Boxfreunde. Im Winter zog es Burgdorfer in die Berge zu Skiabfahrt und Langlauf.
Weil Viktoria nur einen Tennisplatz aufbieten konnte, der vornehme Sport aber gerade bei den besser gestellten Kreisen rasch Beliebtheit erlangte, gründeten Ärzte und Rechtsanwälte 1926 den Tennisclub Grün-Gelb und bauten an der Lehrter Straße ein Spielfeld. Kurz danach weihte die Stadt Burgdorf Vor dem Braunschweiger Tor ihr neues Schwimmbad ein. Die 100 Meter langen Bahnen und der fünf Meter hohe Sprungturm galten als sensationell. Seit 1912 hatte sich bei der Freien Turnerschaft Burgdorf im Arbeiter- Turnsportbund Handball etabliert. 1928 wechselte die parallel entstandene Handballmannschaft des Schwimmvereins zu Viktoria und gelangte noch im selben Jahr in die höchste Spielklasse. Die bald in vielen Disziplinen miteinander konkurrierenden Vereine MTV und Viktoria versuchten schon 1925 den Zusammenschluss. Doch erst 1938 einigten sich die Vorstände mit dem Tennisclub Grün-Gelb als drittem im Bunde und fusionierten zur Turn- und Sportgemeinschaft von 1849. Den Vorsitz übernimmt Otto Feige, 2. Vorsitzender wird der Kaufmann Willy Lüders.

Onkel Richard brachte Kindern das Turnen bei

An einen Mann, der Sportgeschichte schrieb, erinnert man sich einmal mehr, wenn ein Jubiläum gefeiert wird: “Onkel Richard” Höper – dieser Name wird immer mit der TSV Burgdorf verbunden sein. Der beliebte Sportlehrer, Feuerwehr- und Seemann starb kurz vor seinem 75. Geburtstag am 5. April 1986.

Richard Höper wurde am 2. Mai 1911 in Hannover geboren, ging dort zur Schule und machte beim Sägewerk Klauke in Burgdorf die Zimmermannslehre. Dann begann ein buntes Leben voller Aktivitäten und Erfolge. 1929 ging er zur Kriegsmarine, 1931 unternahm er eine einjährige Weltreise auf dem Auslandskreuzer “Karlsruhe”. Zwei Jahre später folgte die Ausbildung zum Militärsportlehrer. Später war Richard Höper Sportlehrer an der Marinesportschule Flensburg. Im Krieg wurde er in Norwegen eingesetzt. Dort trainierte er in seiner Freizeit die norwegische Nationalmannschaft im Geräteturnen und Kunstspringen. 1948 machte er als Doppelreckartist “Ricardo Saldrino” im Zirkus Krone und im Apollotheater in Düsseldorf mit den “3 Saltinos” von sich reden.1950 wurde er von der Stadt Burgdorf als Sportreferent angestellt. Er leitete das Sportamt und betreute die Jugendgruppen der Stadt sportlich. Von 1952 bis 1953 absolvierte er an der Sporthochschule Köln eine Lehrerausbildung und fing anschließend an der Mittelschule in Burgdorf als Sport- und Werklehrer an. Dann begann er auch ehrenamtlich mit dem Aufbau des Kinderturnens in der TSV Burgdorf. Hunderte Mädchen und Jungen haben in den Folgejahren bei ihm geturnt, die Kinder lagen Höper stets am Herzen. Er förderte viele Talente.

Mancher Burgdorfer hat ihm seine berufliche Entwicklung zu verdanken. ohne “Onkel Richard” gäbe es keine Sportlehrer wie Horst Grah, Dieter Rös, Dieter Knoke, Heinz Kraft, Horst Melloh, Jürgen Niemeyer, Christa Zemke und Irene Schecker. Er schickte sie alle nach Köln zur Sporthochschule.
Doch Höper war nicht nur Zimmermann, Seemann, Artist, Kunstturner und Sportlehrer: Er war Brandmeister, gehörte der DLRG an, gründete die Burgdorfer Feuerwehr-Tauchergruppe, er war für viele ein Freund und ein Vorbild. – Am 2. Mai 1988 taufte Bürgermeister Alfred Ziemba in einer Feierstunde die Sporthalle an der Grund- und Hauptschule I in Richard-Höper-Halle.

Stürmische Entwicklung seit 1951

Inzwischen hatte das nationalsozialistische Regime auch den Sport politisch durchforstet. Die im Handball erfolgreiche Freie Turnerschaft wurde 1933 verboten, ebenso die Burgdorfer Boxfreunde mit 53 aktiven Mitgliedern. Doch auch in Zeiten des Krieges entdeckten die Burgdorfer neue Vergnügen. 1943 gab es im Saal von Alfred Bührke die ersten Tischtennisabende. Von der britischen Militärregierung die Erlaubnis zur Gründung von Vereinen zu erlangen, war schwierig. Deshalb schlossen sich sämtliche vorherigen Klubs zusammen und beantragten 1946 die Gründung der Turn- und Sportvereinigung. Am 13. Januar 1946 findet die eigentliche Gründungsversammlung statt. Der Verein erhält den Namen “Turn- und Sportvereinigung Burgdorf”. Der Kaufmann Kurt Scheele wird zum Vorsitzenden gewählt. Die Beiträge werden wie folgt festgesetzt:

  • Kinder bis 14 Jahre 20 Reichspfennig (monatlich)
  • Jugendliche von 15 bis 18 Jahren 50 Reichspfennig
  • aktive und passive Mitglieder ab 19 Jahren eine Reichsmark

Seitdem machten Gründungen neuer Abteilungen eine stürmische Entwicklung. Die Leichtathleten nahmen bald nach ihrer Gründung Vergleichskämpfe mit Mannschaften aus Dänemark, Finnland und Schweden auf. Die Straßenlauf- und Gehwettkämpfe führte die TSV jahrelang als Niedersachsen und Norddeutsche Meisterschaften durch. Bei Landesmeisterschaften hat sich die Abteilung seit Jahren etabliert. Die vorläufig beste Leistung gelang 1997 Kathrin Goebel bei den Deutschen Schülermeisterschaften im Siebenkampf mit der zweiten Platzierung.

Badminton, Tischtennis und Volleyball erlebten seit den siebziger Jahren im Kreissportbund Burgdorf die höchsten prozentualen Zuwachsraten an Aktiven von allen Sportarten. Jährlich verdoppelten oder vervierfachten sich die Zahlen der im Altkreis trainierenden Spieler. Die Volleyballer schlossen sich allerdings erst 1988 mit 100 Mitgliedern als zehnte Sparte der TSV an. In keiner anderen Zeit des Vereinssports seit 1849 gelangen so viele überregionale Erfolge wie in den neunziger Jahren. Eine Entwicklung, die alle Sparten der TSV bis heute aufrechthielten. Schwimmerinnen Daniela Behrens, Wiebke Conrad, Daniela Deppe, Lisa Leinemann, Birgit Reiter, Frauke Sievers, Anika Vetter, Dorothee Wenning und Katharina Wietfeld gelangen im vergangenen Jahren überregionale Leistungen. Die Faustballer schafften es in die Niedersachsenliga, die Prellballer (Altherrenklasse) wurden Deutscher Meister. Die Tennis-Seniorinnen schlugen in der Landesliga auf. Eduard Trochim holte den Norddeutschen Meistertitel im Badminton für die TSV. 1997 war auch für die Sparte Tischtennis eines der erfolgreichsten Jahre mit drei Mannschaften in der Bezirks- und fünf in der Kreisklasse.

Derweil expandiert die Sparte Handball zum Aushängeschild der TSV. Nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga 2005 konnte die TSV, jetzt als TSV Hannover-Burgdorf 2009 sogar den Aufstieg in die weltbeste Handballliga schaffen. Am 6. Juni 2009 wurde der Aufstieg in die TOYOTA Handball-Bundesliga realisiert, ein toller Erfolg. Erstmals in der Geschichte der TSV gelang einem Team aus den publikumswirksamen Sportarten der Sprung in die höchste deutsche Liga. Auch im Jugendbereich sind die Handballer der TSV Burgdorf ein Vorbild, denn sie haben in jeder Altersklasse sowohl im männlichen, wie im weiblichen Bereich eine Mannschaft in der höchsten Spielklasse vertreten – das ist im Handball einmalig in Deutschland! Insgesamt nehmen 23 Jugendmannschaften am Spielbetrieb teil!